Freizeit: Sauerländischer Gebirgsverein

Gut für die Seele­

Seit 1911 nimmt die Wuppertaler Abteilung des Sauerländischen Gebirgsvereins ihre Mitglieder mit an die frische Luft. Das Wanderwegenetz ist mit den Jahren stark gewachsen – und an Facettenreichtum kaum zu übertreffen.

Es gibt viele Gründe, wandern zu gehen: Gesundheitsfürsorge, Liebe zur Natur, Freude an sportlicher Leistung, Lust am Abenteuer, Neugier auf Begegnungen sowie die Suche nach Ruhe und Selbstbestimmung sind nur einige davon. Für Helmut Pfannkuchen, der noch deutlich mehr Gründe aufzählen könnte, wurde das Wandern schon in frühen Kindertagen zur Leidenschaft. „Ich war seit dem elften Lebensjahr bei den Pfadfindern. Meine tiefe Liebe zur Natur ist damals erwacht und seitdem tief verwurzelt.“ Jeden Tag schnürt der 81-Jährige seine Schuhe, um in die Landschaft in Wuppertal und Umgebung zu ziehen – sowohl privat als auch als Wanderführer des Sauerländischen Gebirgsvereins (SGV) e. V., Abteilung Wuppertal. 1999 trat Pfannkuchen ein, seit 16 Jahren begleitet er als einer der derzeit 22 SGV-Wanderführer regelmäßig Mitglieder und Interessierte auf verschiedenen Wanderwegen im Bergischen und im Sauerland.

Der Weg als Ziel: SGV-Wanderführer Helmut­ Pfannkuchen

Die beiden Regionen sind der Schwerpunkt der 1911 gegründeten Abteilung, die bis auf Siebengebirge und Eifel für ganz Nordrhein-Westfalen zuständig ist. „Wir sind ein selbstständiger Verein, aber Teil einer großen Organisation“, erklärt Peter Jung, neben Peter Vaupel seit Ende 2015 einer der beiden Vorsitzenden des SGV Wuppertal. Rund 7 000 Menschen seien bislang auf den Touren mitgewandert, zum Beispiel auf Etappen der Rundwege, die, aneinandergereiht, eine Gesamtlänge von mehr als 600 Kilometern haben.

Gut für Herz und Kreislauf
Beliebt sind Jung zufolge unter anderem der geologische Themenpfad sowie der Eulenkopfweg, ein 40 Kilometer langer, erdgeschichtlicher Lehrpfad. Für jeden Anspruch gebe es passende Touren – die meisten wanderten mit, um ihre Umgebung aus anderen Perspektiven zu sehen und Strecken kennenzulernen, die sie allein nicht gehen würden. Viele entdeckten das Wandern im Rentenalter, zum Teil, weil es ihnen mit Blick auf die Gesundheit nahegelegt werde. „Immerhin ist Wandern eine der gesündesten Bewegungsarten, gerade für Herz und Kreislauf“, sagt Jung. Auch viele Alleinstehende schlössen sich dem Verein an. Jung: „Wer mit uns losgeht, der weiß, dass er auch wieder sicher ankommt.“

„Ein wetterfester Anorak und gute Schuhe sind das Wichtigste.” Helmut Pfannkuchen

„Jede Wanderung ist ein kleines Wunder“, beschreibt Helmut Pfannkuchen seine Begeisterung, die oftmals auf seine Mitwanderer überspringt. „Das Schönste sind die gemeinsamen Gespräche, sie erweitern den Horizont.“ Der Wuppertaler liebt es, sein über 40 Jahre gewachsenes Wissen zu teilen. Je nach Standort erzählt der Hobbygeologe seiner Gruppe zum Beispiel über Fachwerkhäuser, Wälder, Gewässer, Bodenbeschaffenheit, Stadtgeschichte oder Trinkwasserversorgung. Mit seinen Wanderführer-Kollegen teilt er das Credo des deutschen Schriftstellers und einer der ersten europäischen Wanderer, Johann Gottfried Seume (1763 bis 1810), das „den Gang als das Ehrenvollste und Selbstständigste im Menschen“ bezeichnet. „Wandern ist auch eine Art  zu leben“, sagt Pfannkuchen. „Bis vor 150 Jahren hatten wir im Übrigen nur dieses eine Fortbewegungsmittel: unsere Füße.“

Der K-Weg verläuft durch Wuppertaler Kleingartenanlagen

Weggeschichten
Jeder Wanderführer hat seine Lieblingsorte, wie Pfannkuchen schildert. Zu seinen gehören das Herbringhauser und das Marscheider Bachtal, der Ehrenberg und das Gelpetal – Letztgenanntes besuchte er schon als Fünfjähriger gemeinsam mit seinen Eltern. „Es ist einfach unheimlich facettenreich, die Topografie ist eine der interessantesten in Wuppertal. Die Gelpe durchfließt Wiesenland, dann Wald – man läuft immer neben dem Fluss her und hört das Plätschern. Das tut der Seele gut.“ Alte Schleifkotten und Wasserräder erzählten eine Geschichte von 500 Jahren schwerer Handwerksarbeit, Sonnenuntergänge zauberten Spiegelungen auf die Seen und goldenes Licht in die Baumkronen: „Da könnte ich zum Dichter werden“, schwärmt Pfannkuchen.

Der Rund-um-Wuppertal-Weg, den der SGV Wuppertal seit vorigem Jahr in elf Etappen bewandert, ist der Hauptwanderweg, hinzu kommen zahlreiche Rund- und Streckenwanderwege. Pfannkuchen schaffte 2004 mit Unterstützung des Kreisverbands Wuppertal der Kleingärtner e. V. den K-Weg, der auf einer Strecke von etwa 50 Kilometern 42 der 118 Kleingartenanlagen der Stadt verknüpft. Sechs Abschnitte gliedern sich in vier Rund- und zwei Verbindungswege. Dass das umfangreiche Wegenetz aus allen und in alle Richtungen bewandert werden kann, stellt der Verein durch die Kennzeichnung der Routen sicher. Sie sind laut Vorsitzendem Jung so angelegt, dass man zügig starten kann – egal, von wo. „Wir legen Wert darauf, dass man sie gut mit dem ÖPNV erreichen kann. Außerdem sollte man sie ohne Karte wandern können, ohne sich zu verirren.“ Mehr als 20 geschulte Wegemarkierer prüfen alle drei Jahre ehrenamtlich die Sichtbarkeit der weiß auf schwarzem Grund gemalten Kennzeichen. „Das ist noch Handarbeit“, sagt Jung. „Die Pflege der Wege obliegt allerdings nicht uns, sondern dem Eigentümer.“

WSW-Wandertouren
Alle drei Monate gibt der Verein ein Heft an seine Mitglieder heraus, das alle geplanten Touren, Anforderungen und Wanderführer enthält. „Mit den WSW machen wir im Sommer auch Wanderungen, die für alle offen sind“, sagt Jung. Jeder Wanderführer gestalte Strecke, Ablauf und Treffpunkt selbst. „Zu Beginn ist wichtig, sich nicht zu viel zuzumuten“, rät Jung allen, die das Wandern einmal ausprobieren möchten. „Sonst kann es passieren, dass man die Lust verliert. Man sollte nicht nur die Länge der Strecke bedenken, sondern auch eventuelle Steigungen und Gefälle. Auf die eigene Gesundheit zu achten, steht immer an erster Stelle.“ Eine spezielle oder gar teure Ausrüstung sei zum Wandern nicht notwendig, sagt Jung. „Ein wetterfester Anorak und gute Schuhe sind das Wichtigste. Wir wandern bei jeder Witterung – denn schlechtes Wanderwetter gibt es nicht.“