wsw.info: Wuppertals Treppen

Schmuckstück mit Ausblick

Mit weit mehr als 500 Treppen hält Wuppertal deutschlandweit den Rekord in Sachen stufige Auf- und Abstiege. Einige erwähnenswerte Exemplare stellen wir in unserer Serie in loser Abfolge vor.

Kurt Rudoba vom Barmer Verschönerungsverein kennt jedes Detail der Dicke-Ibach-Treppe.

Sie ist definitiv eine der schönsten im Tal und gilt inoffiziell als die Treppe, die als Fotomotiv die meisten lokalen Wohn- und Schlafzimmer dekoriert – mit glücklichem Brautpaar im Vordergrund. „Die Dicke-Ibach-Treppe ist eine beliebte Hochzeitskulisse“, bestätigt Kurt Rudoba vom Barmer Verschönerungsverein (BVV). Das nachzuvollziehen, fällt leicht: Die gründerzeitliche Treppenanlage mit den drei in einer Art „Z“ angelegten Läufen und ihrem turmförmigen Pavillon am oberen Ende ist ein Schmuckstück, vor dem sich grün und weit die Barmer Anlagen erstrecken. Ursprünglich sollte sie den Bewohnern des östlich gelegenen Villen­viertels als Nutztreppe direkten Zugang zu den Barmer Anlagen gewähren. Das war 1897, als Friedrich Wil­helm Dicke und Peter Adolph Rudolph Ibach, Vorstandsmitglieder des 33 Jahre zuvor gegründeten BVV, die Treppe errichten ließen und stifteten. Im Namen sind die beiden Gründer bis heute verewigt, ebenso wie in einer steinernen Inschrift auf halber Treppenhöhe.

35 Stufen

hat die Treppe, in drei senkrecht
zueinander gerichteten Läufen.

Rettung vor dem Verfall

35 Stufen führen von der Joseph-Haydn-Straße abwärts zu dem 100 Hektar großen Park, der sich im Besitz des BVV befindet. Vereinsmission ist es seit jeher, Erholungsräume für die Bevölkerung inmitten des industrialisierten Wuppertals zu schaffen. Aus diesem Grund liegt die Dicke-Ibach-Treppe den Vereinsmitgliedern besonders am Herzen, allen voran Kurt Rudoba, der das Bauwerk auf den Barmer Südhöhen mit all seinen Eigenheiten kennt wie kein anderer. Denn das damalige BVV-Vorstandsmitglied begleitete zwischen 2014 und 2016 die Teilrestaurierung der Treppe, die mit den Jahren zunehmend marode geworden und bis dato immer nur notdürftig repariert worden war. „Ihr drohte fast der Verfall“, erinnert sich Rudoba an vergangene Zeiten, von denen heute nichts mehr zu sehen ist. Die obere Aussichtsplattform sowie die Hangseiten wurden ent­wässert, sodass sich bei Regen keine Flüssigkeit mehr staut. Die kleinen Blaubasaltsteine in den Bodenflächen wurden neu arrangiert und sitzen nun ordentlich und lückenlos nebeneinander. Ersetzt wurden verloren gegangene Sandstein­kugeln, die nun wieder in regelmäßigen Abständen die steinernen Pfeiler zieren.  

97.000 Euro

betrug die Förderung der
NRW-Stiftung für die Treppen-
Restaurierung, 20.000 Euro
schoss der BVV zu.

Üppige Gestaltung

Sandstein lässt das Mauerwerk im Sonnenlicht in einem warmen Farbton leuchten. Die kleinschrittige Restaurierung, gefördert von der NRW-Stiftung, sei aufgrund des Denkmalschutzes originalgetreu und in Abstimmung mit den zuständigen Behörden erfolgt, schildert Rudoba. Seinerzeit wurde die Treppe Experten zufolge zwar zeit­typisch, aber üppiger ausgestaltet als üblich.

Die originalgetreue Restaurierung wurde von der NRW-Stiftung gefördert.

Ein Detail, das nachträglich seinen Weg an die Treppe fand und gleich zwei Geschichten erzählt, ist ein Kunstwerk im mittleren Bereich. „Christus heilt ein misshandeltes Tier“, betitelte der deutsche Bildhauer Reinhold Kuebart sein Bronzerelief, das ursprünglich dem Fabrikanten Johann Caspar Engels gehörte, nach dessen Tod dann dem Wuppertaler Tierschutzverein und später dem BVV. Von 1933 an schmückte das Relief die Dicke-Ibach-Treppe, während des Zweiten Weltkriegs wurde es in Sicherheit gebracht und 1950 zurückgehängt. „2006 wurde es gestohlen. Später tauchte es auf einem Schrottplatz wieder auf – zerstört“, so Rudoba. „Deshalb haben wir Ende 2009 eine wetterfeste Reproduktion anbringen lassen.“ Diese besteht aus einer Metallplatte mit Fotoaufdruck. Zu den Füßen des abgebildeten Heiligen und des Esels – oder ist es ein Pferd? – steht eine kleine Vase mit frischen Blumen in der schützenden Nische. Vermutlich der liebevolle Akt eines Wuppertalers, der die Treppe des Öfteren steigt und sich oben mit Sicherheit dann und wann einen Moment gönnt, um, auf das massive Sandsteingeländer gestützt, die eindrucksvolle Aussicht zu genießen.

Text: Tonia Sorrentino