Energie: Wuppertal spart Watt!

Waschwetter

Fünfhundert Wuppertaler Haushalte üben Lastverschiebung beim Stromverbrauch. So wollen WSW und Bergische Uni die Netzstabilität in der Energiewende verbessern.

Petra Hoffmann war erst gar nicht begeistert­, als ihr Lebensgefährte vorschlug, sich als Testhaushalt für „Wuppertal spart Watt!“ zu bewerben. „Unseren Zwei-Tarif-Zähler hatten wir gerade abgeschafft, sodass wir nicht mehr darauf achten mussten, zum Beispiel Wäsche erst nach acht Uhr zu waschen, um zu sparen“, berichtet sie. Und nun sollte sie sich wieder nach Zeiten für den Stromverbrauch richten? Ihrem Partner zuliebe hat sie dann doch zugestimmt. Seitdem wird in dem Zweipersonenhaushalt gewaschen, getrocknet und gespült, wenn viel Strom im Netz ist. Wann das der Fall ist, erfahren die beiden aus der Zeitung. In der Wuppertaler Rundschau veröffentlichen die WSW regelmäßig das „Energiewetter“. Dabei wird das Stromangebot für mehrere Tage im Voraus mit grünen, gelben und roten Balken dargestellt. „Ziel ist es, möglichst in ‚grünen Zeiten‘ Strom zu verbrauchen, denn dann steht besonders viel Wind- und Sonnenstrom zur Verfügung“, erklärt Petra Hoffmann. 

Energiewetter aus der Zeitung
Was die beiden machen, wird von Fachleuten Lastverschiebung genannt. In einem gemeinsamen Forschungsvorhaben wollen Bergische Uni und WSW herausfinden, wie sich durch ein verändertes Verbrauchsverhalten in Privathaushalten die Strom­ein­spei­sung aus erneuerbaren Energien besser in die bestehende Netzstruktur integrieren lässt. 550 Wuppertaler Haus­halte beteiligen sich an dem Projekt, das von der EU gefördert wird.

Energiewetter auf dem Smartphone: Grüne Balken zeigen an, wann viel Strom aus Erneuerbaren verfügbar ist.

„In Wuppertal werden erstmals Möglichkeiten zur Lastverschiebung in Privathaushalten wissenschaftlich analysiert“, berichtet Lena Seeger, Projektleiterin bei den WSW. Ursprünglich war geplant, den ganzen Prozess rein digital aufzuziehen. So wird allen Testhaushalten ein sogenanntes Dashboard online zur Verfügung gestellt. Dort kann jeder seinen Stromverbrauch minutengenau einsehen und auf diesem Weg sollte auch über die gewünschten Stromverbrauchszeiten informiert werden. Wie sich herausstellte, ist aber ein großer Teil der Testhaushalte gar nicht online unterwegs. „Wir haben viele ältere Teilnehmer, die weder Internet noch Smartphone nutzen. Damit hatten wir zu Projektbeginn nicht gerechnet“, erzählt Lena Seeger. So entstand die Idee, das Energiewetter per Zeitungsanzeige in der Wuppertaler Rundschau zu kommunizieren.

Die ausgeschnittene Anzeige hängt seit dem Herbst letzten Jahres auch bei Petra Hoffmann am Kühlschrank. „Obwohl mein Lebensgefährte ein echter Technikfreak ist, der gerne ins Dash­board schaut, ist der Zettel in der Küche für uns doch alltagstauglicher“, berichtet sie. Apropos alltagstauglich: „Wir sind beide berufstätig und können daher tagsüber wenig auf das Energiewetter reagieren“, sagt Hoffmann. Sie und ihr Partner freuen sich, wenn das Wochenende grüne Balken hat. „Dann sammeln wir in den Tagen vorher die schmutzige Wäsche und stellen die Maschine am Samstag oder Sonntag an.“ Außerdem läuft bei den beiden per Timer nur noch nachts die Spülmaschine.

Die anfängliche Skepsis bei Petra Hoffmann ist verschwunden. „Unsere Bedingung war, dass wir uns als Testhaushalt nicht einschränken wollten“, macht sie deutlich. Das ist aber auch gar nicht nötig. Ihre Erfahrung ist, dass sich viele Stromverbräuche ohne großen Aufwand zeitlich verschieben lassen. Fazit: Lastverschiebung ist im Alltag machbar.

Text: Rainer Friedrich