wsw.info: Bouldern

Ganz nach oben

Luca Nündel ist erst 13 Jahre alt und liebt das Sportklettern. Seit diesem Jahr ist der ehrgeizige Barmer im Nationalkader – und er will noch viel, viel höher hinaus.

Entschlossen platziert Luca seinen Fuß auf dem Vorsprung, streckt die Arme aus, packt mit beiden Händen fest zu. Seinen Rumpf nah an der Wand, zieht er sich mit der eigenen Körperkraft in die Höhe, bis sein anderer Fuß auf dem nächsten Vorsprung Halt findet. Binnen Sekunden hängt der 13-Jährige mannshoch über dem elastischen Boden. Jetzt schwingt er seine Beine vor und zurück, immer weiter, lässt die Griffe los – und fliegt ein kleines Stück seitwärts, weiter zum nächsten Posten. Landet sicher. Als er sich aus drei Metern Höhe zurück auf den Boden fallen lässt, dreht er sich im Flug spiralförmig um sich selbst. Ein Griff in den puderigen Mag­nesia-Beutel, um den Grip der Hände zu verbessern, und schon kraxelt der Wuppertaler wieder an der bunten Boulder-Wand. „Das ist seine große Leidenschaft“, kommentiert Lucas Vater Daniel Nündel, der seinen Sohn zum Training im Hildener Kletter- und Boulderzentrum „Bergstation“ begleitet. „Er entwickelt sich schnell. In drei Wochen nimmt er am Deutschen Jugendcup im Bouldern teil.“

Bouldern

ist eine von drei Sportkletter-Disziplinen, bei der in Absprunghöhe geklettert wird. Mehr Infos gibt es zum Beispiel auf der Website des Deutschen Alpenvereins www.alpenverein.de.

Vielfältige Bewegungen

„Ich hatte immer Spaß am Klettern“, erzählt Luca Nündel in einer Trainingspause. Schon als Kleinkind zog es ihn ständig auf Zäune, Möbel, Bäume. ­Das und die Tatsache, dass ihn keine andere Sportart faszinierte, führte ihn im Alter von vier Jahren zu den Wupperwänden in Langerfeld, Kletterhalle des Deutschen Alpenvereins und NRW-Landesleistungszentrum. Schon beim ersten Versuch sei er bis ganz oben geklettert. „Dann kam ich in eine Schnuppergruppe. Das hat richtig Spaß gemacht, wurde aber zu leicht.“ Vier Jahre lang stieg Luca von Gruppe zu Gruppe auf, steigerte seine Leistung, wechselte dann zur Bergstation. Dort und in der Frechener Kletter-und Boulderhalle chimpanzodrome trainiert er aktuell vier- bis fünfmal die Woche für bis zu drei Stunden. „Ich mag am Bouldern die vielfältigen Bewegungen“, sagt der 13-Jährige. „Die Füße brauchen Trittfestigkeit, an der Wand braucht man Körperspannung und für die Griffe an der Wand Fingerkraft.“ Auch der Kopf müsse arbeiten: „Man muss eine Lösung finden, wie man die Linie klettert. Man darf nur die Griffe einer Farbe greifen und treten. Hier ist zum Beispiel schwarz am schwierigsten.“

Auf dem Weg nach Olympia

Hohe Schwierigkeitsgrade und Konkurrenz bringen den zierlichen Achtklässler – 36 Kilogramm bei 1,46 Metern – nicht von seinem Weg zur Sportkletter-Spitze ab. Sein Zimmer, natürlich mit Kletterwand, zieren ein Dutzend Medaillen und fast ebenso viele Pokale. „Ich messe mich schon immer gern mit anderen“, so der ehrgeizige Barmer. 2019, in seinem letzten Kids-Cup-Jahr, habe er sämtliche Wettkämpfe gewonnen. Als Teilnehmer am Deutschen Jugendcup habe er 2022 die Chance, sich für die European Youth Championships zu qualifizieren. Seit 2020 gehört er zum NRW- und seit Januar dieses Jahres zum Bundeskader-Nachwuchs. Sein länger­fristiges Ziel: Weltmeister und Olympiasieger zu werden. Schule und Freunde litten nicht unter seinen Ambitionen, sagt er, und sein Vater bestätigt: „Das läuft super. Wenn die Schule mehr Zeit braucht, lässt Luca das Training sausen.“

Sponsoren gesucht

Um seinen Traum zu verwirklichen, wünscht sich Luca Support. Zu seiner Ausrüstung gehören unter anderem mehrere, auf den Kletterstil zugeschnittene Schuh-Paare. „Bei meinem Training scheuern die nach maximal drei Monaten durch“, bedauert er. Kostspielig seien auch die Fahrten zum Training, ergänzt sein Vater: 360 Kilometer pro Woche. Hinzu komme das Honorar für Lucas Personal Trainer. Auch die Teilnahme an den bundes- und demnächst vielleicht europaweiten Wettkämpfen erfordere Ausgaben. „Vielleicht gibt es ja Sportbegeisterte, die sich vorstellen können, Luca zu unterstützen.“ Der klettert längst wieder in schwindelerregenden Höhen. „Luca, wir machen für heute Schluss!“, ruft Daniel Nündel seinem Sohn zu. Der antwortet: „Noch ein bisschen, ja?“

Text: Tonia Sorrentino
Foto:Afi