wsw.info: Alte Schwebebahnwagen

Wenn die Schwebebahn auf Sockeln steht

Längst ist die hellblaue Schwebebahn-Generation ein bekannter Anblick für die Wuppertaler. Die orange-blauen Wagen sind aber dennoch nicht ganz aus dem Stadtbild verschwunden – sie führen ein neues Leben an neuen Orten. Wie geht es den alten Schwebebahnen heute?.

Im Dezember 2015 läutete die hellblaue Schwebebahn-Generation 15 eine neue Ära ein. Von den orange-blauen Wagen der alten Generation gaben die WSW 25 zum Verkauf frei. Einige Firmen schlugen zu: darunter Knipex, Gebrüder Jaeger GmbH, Neeb, Nölle Profi Brush Bürsten- & Pinseltechnik e. K. und Schaeffler Technologies GmbH. Drei Bahnen wurden 2015 in einem Wettbewerb um die kreativste Nutzungsidee verschenkt. Knapp neben dem Siegertreppchen – auf dem vierten Platz – landete die Städtische Real­schule Vohwinkel. Kein Grund aufzugeben, berichtet Schulleiter Burkhard Eichhorn. „Einen Wagen zu bekommen, war uns eine Herzens­angelegen­heit. Wir sind sehr stolz, dass es geklappt hat und wir die weltweit einzige Schule mit einer Schwebe­bahn im Schulgarten sind.“ Das Geld, 5.000 Euro Kaufpreis sowie die Kosten für Transport, Aufstellung und Umbau, brachten der Förderverein der Schule, weitere Freunde der Einrichtung sowie die Schüler selbst auf. Eichhorn: „Ein tolles Zeichen, dass sich Gemeinschaft lohnt.“

Ein lebendiges Projekt

Im Februar 2019 wurde die Bahn in drei Teilen geliefert und, gerahmt von einem Willkommensfest, im Schulgarten aufgestellt. Danach ruhte das Projekt pandemiebedingt. 2021 entstand vor dem Wuppertaler Wahrzeichen ein Schulgarten, den die jungen Menschen selbst pflegen. Im rechten Winkel begrenzt die Schwebe­bahn die kleine Oase, die Raum für Aktivitäten wie Grillfeste sowie für Ruhemomente bietet. Im Inneren des Wagens, der seit Juni dieses Jahres Elektrik-Anschlüsse besitzt, gab es schon einige Events, darunter eine Kunstausstellung und einen Tag der offenen Tür. „Die Bahn ist ein beliebtes Fotomotiv“, sagt Eichhorn. Künftig solle sie auch für den naturwissenschaftlichen Unterricht genutzt werden. Dafür weichen die Original-Sitze einer anderen Möblierung. „Die Bahn kommt einfach toll an“, sagt Eichhorn. „Sie ist ein Projekt, das lebt. Wir sind sehr dankbar, es mit vereintem Engagement weiter betreiben zu können.“

Der SC Breite Burschen erwarb eine Schwebebahn mit Sparkassen-Beklebung. Sie steht seit Januar 2017 auf dem Sportplatz Rauental an der Badischen Straße. Ausgestattet mit ausrangierten Kinositzen dient sie als überdachte Tribüne mit Blick auf das Spielfeld ebenso wie als Raum für die zahlreichen Festivitäten des Vereins. Eine Dachplane erweitert die Party­zone nach außen. „Wir freuen uns bis heute über dieses Alleinstellungsmerkmal“, sagt Jochen Thielmann, erster Vereinsvorsitzender. 

Integratives Bistro

Zurück zum WSW-Wettbewerb: Platz eins belegte mit 6 737 Stimmen die CVJM-Bildungsstätte an der Bundeshöhe in Barmen. Auf dem Areal entstand ein schmuckes Schwebebahnbistro, das am 10. September seinen fünften Geburtstag feiert. „An der inne­ren Anmutung haben wir fast nichts verändert“, berichtet Gerd Halfmann. Auf der den Gästen zugewandten Außenseite trägt die rechtwinklig aufgestellte Bahn die weiß-roten Hausfarben. Auf der anderen Seite ist noch die ursprüngliche Werbefolierung von Akzenta zu sehen. Die Lebensmittelmarktkette ist neben der Glücksspirale einer der größten Sponsoren des einzigartigen Bistros, für das bereits mehr als 100.000 Euro Spenden zusammenkamen.

Innen erinnert tatsächlich vieles an früher. Der Deckenanstrich. Die Ticket-2000-Werbeplakate. Der Hinweis auf das Verzehrverbot, der zahlreiche Besucher schmunzeln lässt. Das Warnschild „Vorsicht beim Aussteigen – Bahn pendelt“. Letzteres passiert jetzt natürlich nicht mehr; vor Anlieferung der 22 Tonnen schweren Schwebebahn wurde ein Fundament gegossen. Auf Originalsitzen, zwischen denen weiße Tische montiert sind, finden 32 Personen Platz. Der beschirmte Außenbereich inklusive Lounge-Ecke fasst 48 Gäste. Es gibt Heiß- und Kaltgetränke sowie kleine bergische Gerichte à la carte, die in einer zu diesem Zweck eingerichteten „Finish-Küche“ im angrenzenden Gebäude zubereitet werden. Gerd Halfmanns Tipps von der kreativ gestalteten Speisekarte: Reibekuchen, Stachelbeer-Baiser-Torte, bergische Waffeln. Das Konzept der Theke am Schwebebahn-Kopf, der Tische und Stühle entwickelte der CVJM zusammen mit der Erzquell-Brauerei, einem weiteren Sponsor. Geöffnet ist das integrative Bistro, in dem Fachkräfte und Menschen mit Handicap Hand in Hand arbeiten, derzeit freitags von 16 bis 21 Uhr, samstags von 15 bis 21 Uhr sowie sonn- und feiertags von 12 bis 18 Uhr. Mittwochs kehren angemeldete Gruppen ein, auch Geburtstags- und Firmenfeiern sind nach Absprache möglich und werden bereits rege genutzt, wie Halfmann berichtet. 

Multifunktioneller Sternpunkt-Express

Von großem und liebevollem Einsatz zeugt die Schwebebahn am Sternpunkt, dem betreuten Spielplatz des Kinder-Tisch Vohwinkel e. V. an der Roßkamper Höhe. Das Projekt schaffte es auf den dritten Platz. „Wir waren die Ersten, die ihre Bahn aufgestellt haben“, sagt Udo Schemann, erster Vorsitzender des Vereins. Seit Juli 2016 diene das multifunktionelle, mit Strom- und Wasseranschluss, Theke sowie Spülmaschine ausgestattete Stadtmobil unter anderem als Ort für Beratungen oder, während der Pandemie, für Impfungen. „Wir hatten hier im Sternpunkt-Express schon viele schöne Situationen. Ein Highlight war ein Konzert eines zehnköpfigen Orchesters“, erzählt Schemann. Die ursprüngliche Optik wurde bewusst bewahrt: Einige Tische und Bänke sind so ausgerichtet wie im Kaiserwagen, das äußere Blau und Orange setzt sich an zwei Sitzbänken auf dem Vorplatz am Standort fort. Neben dem Wagen, der auch eine kleine überdachte Holzterrasse erhielt, steht eine originelle Bank auf einem Stück Schwebebahngerüst. Daneben wartet ein gelber Sockel auf eine Original-Schwebebahn-Uhr, die sich in Fertigstellung befindet. „Das wird aussehen wie an den Bahnhöfen von früher“, sagt Schemann mit sichtbarer Vorfreude. „Besonders dankbar bin ich, dass die Menschen im Quartier auf ‚ihre‘ Schwebebahn achthaben.“

Und die Zweitplatzierten? Das war seinerzeit Utopiastadt. Die Bahn soll als Infopoint für Interessenten dienen, die den Campus näher kennenlernen und Antworten auf ihre Fragen erhalten möchten. In diesen Kontext passe das Wuppertaler Wahrzeichen natürlich perfekt, sagt David J. Becher, Vorsitzender des Fördervereins Utopiastadt e. V. Aufgestellt sei die Bahn bisher jedoch noch nicht: „Sie bleibt noch so lange eingelagert, bis wir den genauen Standort festgelegt haben. Bisher ändert sich auf unseren Flächen noch sehr viel, zuletzt im Zuge des Solar Decathlon Europe im Juni“, so Becher. Daher habe das zuständige Team die Planung noch nicht abschließen können. Fest stehe aber: „Wir sind mit dem Thema befasst und freuen uns darauf, dass unsere Schwebe­bahn dann in Zukunft ihren Platz an der Trasse bekommen wird.“

Text: Tonia Sorrentino
Fotos: Afi