wsw.info: Historie

Neustart

Das Gründungsjahr der WSW war von den Folgen des Zweiten Weltkriegs geprägt, aber auch vom Beginn des Wiederaufbaus – dank Währungsreform und Marshall-Plan.

Vor 75 Jahren waren die Schäden der Bombenangriffe auf Wuppertal vom Jahr 1943 noch deutlich sichtbar. 89 000 Wohnungen waren beschädigt oder zerstört, ebenso fast die Hälfte der Schulen. Im Stadtgebiet lagen mehr als sechs Millionen Kubikmeter Trümmerschutt. Mangel herrschte allerorten: Es fehlte an Lebensmitteln, Kohle, Baustoffen und Ersatzteilen. Das betraf auch die neu gegründeten Wuppertaler Stadtwerke. Nicht nur fehlendes Material, sondern auch der Ernährungsmangel bei der Belegschaft schränkten Versorgung und Verkehr ein. So mussten etwa kaputte Straßenbahnfensterscheiben provisorisch mit Pappen oder Holzbrettern repariert werden, weil kein Fensterglas zur Verfügung stand. Eine eigene Sozialabteilung bei den WSW unterstützte die damals 330 Beschäftigten bei den Themen Ernährung, Bekleidung, Wohnung und Gesundheit.

Wuppertal war Teil der britischenBesatzungszone. Das Hauptquartier der Militärverwaltung befand sich im Polizeipräsidium. Dort tagte auch die Stadtverordnetenversammlung, denn das Barmer Rathaus war zerstört. Im Mai 1948 sorgte ein Gerichtsprozess für große Aufmerksamkeit: Das Landgericht Wuppertal verurteilte Angehörige der Wachmannschaft des ehemaligen KZ Kemna zu langjährigen Haftstrafen, darunter viermal lebenslänglich. Der Lagerkommandant wurde zum Tode verurteilt, die Strafe aber nachträglich ebenfalls in lebenslänglich umgewandelt. Es war einer der ersten Prozesse gegen NS-Täter in Deutschland.

Wiederaufbau

Aber für die meisten Menschen ging es vor allem darum, ihren Alltag zu organisieren. Bis 1949 nahm Wuppertal 15000 Flüchtlinge und Kriegsheimkehrer auf. Das öffentliche Leben kam nach und nach wieder in Gang. Opernaufführungen fanden in der Stadthalle statt. Die Spielzeit 1948/49 wurde mit Mozarts Oper „Don Giovanni“ eröffnet. Das städtische Theater nutzte den Saal der Gesellschaft Union in Unterbarmen als provisorische Spielstätte. Der Fita-Palast in der Concordia öffnete seine Türen und in Ronsdorf entstand mit den „Toro-Lichtspielen“ ein neues Kino mit 600 Plätzen. Am Döppersberg empfing das Hotel „Kaiserhof“ wieder Gäste. Das sportliche Leben wurde mit Vereinsneugründungen wie der des FSV Vohwinkel bereichert. Aus dem Westen kam auch der höchstklassige Wuppertaler Fußballverein: Die TSG Vohwinkel 80 spielte 1948 in der Oberliga West, der höchsten Spielklasse vor Einführung der Bundesliga. Im Juni eröffnete die Stadt Wuppertal ein Kinderkurheim auf Norderney.

114 Mio.

Fahrgäste in Bussen,
Straßenbahnen und der Schwebebahn zählten
die WSW im Gründungsjahr.

Im April starteten die USA mit dem Marshall-Plan ein gewaltiges Wiederaufbauprogramm für Europa. Allein in die Westzonen Deutschlands flossen im ersten Jahr 550 Millionen US-Dollar. Symbol des Aufschwungs, der nun begann, war die D-Mark, die die alte Reichsmark ablöste. Zur Währungsreform am 20. Juni wurde den Wuppertalern eine Kopfquote von 40 D-Mark ausgezahlt. Einen Monat später gab es noch einmal 20 D-Mark. Die Wuppertaler tauschten darüber hinaus rund 100 Millionen Reichsmark in die neue Währung um. Die neue Währung brachte das Wuppertaler Geschäftsleben in Schwung. Bis zum Jahresende wurden über 600 Geschäfte neu gegründet.

Steigende Nachfrage

1948 und in den folgenden Jahren nahmen in Wuppertal zahlreiche Busli­nien den Betrieb wieder auf. Die WSW zählten 1948 114 Millionen Fahrgäste in Bussen, Straßenbahnen und der Schwebebahn. Mit der Währungsreform setzte allerdings ein deutlicher Rückgang der Nutzerzahlen ein. Anders war es in der Versorgung. 170 Millionen Kilowattstunden Strom verbrauchten Haushalte und Betriebe in Wuppertal 1948. Mit dem beginnenden Aufschwung stieg die Nachfrage deutlich an. Die WSW investierten in ihr Netz, ertüchtigten die Umspannwerke Viktorstraße und Wupperfeld und bauten zahlreiche neue Netzstationen. Bis 1955 stieg die Stromabgabe auf knapp 360 Millionen Kilowattstunden. In der Gasversorgung sah es ähnlich aus. Im noch von Gasmangel geprägten Gründungsjahr gaben die WSW 62 Millionen Kubikmeter Gas an ihre Kunden ab. Bis 1955 hatte sich dieser Wert mehr als verdoppelt. Die WSW wurden in den 1950er Jahren zum Wegbereiter des wirtschaftlichen Aufschwungs und des steigenden Lebensstandards. Das zeigen große Investitionen wie der Bau der Gasbehälter Sonnborn und Heckinghausen sowie die Anschaffung neuer Schwebebahnwagen in dieser Zeit.

Text: Rainer Friedrich
Foto: WSW-Archiv